Osterholzer Anzeiger vom 28.11.2007

Es gibt heute wunderbare Kabellösungen

Von Sabine Kahrs

Osterholz-Scharmbeck. Während einer Informationsveranstaltung der jüngst gegründeter Bürgerinitiative Elektrosmog Osterholz, kurz BEO, zum Thema „Wie viel Elektrosmog verträgt der Mensch?" machte der Referent, der Heilpraktiker und Baubiologe Siegfried Zwerenz aus Tirschenreuth, Vorstands- sprechen des Bürgerwelle e.V. (Dachverband aller Bürger und Initiativen zum Schutz vor Elektrosmog) die gepulsten Wellen eines schnurlosen Internet-zuganges (W-LAN) und eines schnurlosen DECT-Telefons, wie es heute fast in jedem Haushalt zu finden ist, hörbar.
Die EU-Umweltagentur (EAA; warnt vor Langzeitgefahren durch Elektrosmog und hält nach Vorstellung einer Studie eines unabhängigen Expertenrats eine Verschärfung der Grenzwerte für elektromagnetische Strahlungen durch drahtlose Techniken wie Handys, Mobilfunkmaster und W-LAN`s für notwendig, um gesundheitliche Risiken zu minimieren.
Die Apotheker Sylke und Dr. Karl Ludwig Hoenicke aus Osterholz-Scharmbeck schlagen ebenfalls Alarm, denn ihnen fällt auf, das sich im Laufe der letzten zehn Jahre bei der Immunlage des Menschen etwas verändert hat. Im Zuge von Arzneiausgaben und Beratungen in der Apotheke bemerkten sie, dass sie es mit immer mehr Allergikern und schwer depressiven Patienten zu tun bekommen. Immer mehr Menschen leiden unter Kopfweh, Schlaf- und Herzrhythmusstörungen.
Siegfried Zwerenz führte dazu aus, dass Grenzwerte lediglich die thermischen Effekte (die Erwärmung des Menschen im Umfeld von Sendeanlagen) von Mobilfunk und verwandten Techniken regeln. Nicht aber die athermischen Effekte, die in das menschliche System eingreifen. Gehirn, Herz und Zellen, das gesamte menschliche System kommunizieren über elektromagnetische Signale. Die Dauerbelastung durch Hochfrequenzstrahlung greife dort ein. Kein Wunder also, wenn Körper aus der Balance geraten, sich Schwindel und Schlafstörungen einstellten.
Der Referent merkte an, dass Forschungen oft von der Mobilfunkindustrie bezahlt würden und es daher an Kritik mangele. Leicht werde Entwarnung gegeben. Wissenschaftler, die zu anderen Ergebnissen kämen, würden „kaltgestellt", bekämen keine Aufträge mehr, erläuterte Zwerenz das schwierige Verhältnis von Wissenschaft und Industrie an diversen Beispielen. Entscheidungsträger seien oft nicht kompetent und verließen sich auf die beigebrachten „bezahlten" Forschungsergebnisse.
Zu den umstrittenen Befürwortern von W-LAN-Netzwerken und Co. in Schulen gehört für Siegfried Zwerenz ausgerechnet Prof. Dr. Alexander Lerchl, Biologieprofessor an der Jacobs University Bremen. Lerchl beriet kürzlich die Politiker im Schulausschuss des Landkreises Osterholz und berichtete in einem Pressegespräch von der Unbedenklichkeit von W-LAN in der Schule. Die Technik bewege sich unterhalb der thermischen Schwelle und sei unbedenklich, teilte der Professor dort mit.
Lerchl habe für seine Uni eine dicke Spende besagter Industrie erhalten und kenne seitdem seine eigenen Studienergebnisse nicht mehr, warnte Siegfried Zwerenz vor diesem Mann als Ratgeber.
Der Bürgerwelle-Experte riet: „Keiner muss auf Internet und Telefon verzichten. Es gibt heute wunderbare Kabellösungen." Auch wenn diese teurer seien, sollte man darauf zurückgreifen. Internet gibt es mit einem Zusatzgerät direkt aus jeder Steckdose. Das alles sei auch in Schulen kein Problem. So können die neuen Medien auch in der Bildung Einzug halten, ohne dass die steigende Anzahl der elektrosensiblen Schüler leide oder ausgeschlossen werden muss. Schnurlostelefone gibt es auch ohne die bedenkliche DECT-Technik. Der Gesundheit sollte dies wert sein.
Das Interesse an dem Informationsabend, der auf dem Saal bei Stagge's stattfand, war derart groß, dass der Platz für die Besucher kaum ausreichte. Nur die Politik schien zu ignorieren, was den Normalbürger bewegt.
Obwohl derzeit das Einrichten von ersten W-LAN-Netzwerken in hiesigen Schulen umgesetzt und es bezüglich der Gesundheit unserer Kinder in diesem Zusammenhang warnende Stimmen gibt und obwohl Wahlkampf ist, kamen von 158 geladenen Politikern verschiedener Couleur gerade mal eine Hand voll. Darüber war die Bürgerinitiative, die vor dem Einsatz der Technik in Schulen abrät, sehr enttäuscht. Erfreut zeigte man sich allerdings über das Kommen von Bürgermeister Martin Wagener
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