Osterholzer Kreisblatt vom 11.04.2008

Abgesang auf analoges Funksystem der Helfer
Polizei und Feuerwehr stellen Zukunft der Kommunikation vor

Von unserer Redakteurin
Brigitte Lange

HAMBERGEN. Ein Unfall auf der Landstraße: Die Polizei ist vor Ort. Rettungswagen und Feuerwehr eilen herbei und erhalten noch auf dem Weg per Funk von den Polizeibeamten am Unfallort erste Informationen über die Lage. Was Laien für selbstverständlich halten, ist zurzeit eine Zukunftsvision. Diese direkte Art der Kommunikation unter den Helfern existiert nicht. Sie kann nur realisiert werden, wenn das aktuell genutzte analoge Funksystem durch ein digitales ersetzt wird. Der Feuerschutzausschuss der Samtgemeinde Hambergen informierte sich.
"Bis 2011 soll die Polizei in ganz Deutschland mit dem neuen System arbeiten", teilte Axel Behnke von der zentralen Polizeidirektion in Hannover den Hambergern mit. Ein eigenständiges, abhörsicheres Netz soll es werden. Feuerwehren und Rettungsdienste wie das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter, das Technische Hilfswerk oder auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft können - müssen aber nicht - von ihrem analogen Netz auf die digitale Technik umrüsten. Für Kommunen wie die Samtgemeinde war dies zunächst eine interessante Information. Schließlich müssen sie sich an dem Aufbau des neuen Digitalfunknetzes finanziell beteiligen. Zwar wird der Bund 50 Prozent der Kosten übernehmen, die bei der Einführung der Standardversion entstehen. Die Differenz sowie sämtliche Extras tragen Land und Kommunen allein. Behnke nannte Zahlen. So würden die Einführung und der Aufbau des Digitalnetzes sowie die ersten zehn Betriebsjahre für den Teilbereich Niedersachsen geschätzte 285 Millionen Euro verschlingen. Mehrwertsteuer inklusive.
Was würde also passieren, wenn eine Kommune aus Kostengründen am analogen System festhielte, hakte Samtgemeindebürgermeister Bernd Lütjen nach. Antwort: Die von vielen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) genutzten Vier-Meter-Frequenzen im Analogfunk sollen mittelfristig vom zuständigen Amt eingezogen werden, gab Behnke, der auch stellvertretender Projektleiter Digitalfunk BOS Niedersachsen ist, dem Ausschuss zu bedenken. Sven Franke, der für die Einrichtung des Digitalfunks bei der Polizeidirektion Oldenburg verantwortlich ist, wies auf ein weiteres Problem hin. So werde es sich für die Wirtschaft immer weniger rentieren, Geräte für die Vier-Meter-Analogfunk-Frequenzen herzustellen. Ersatzteile würden teuer oder gar nicht mehr zu bekommen sein. Es sei also weniger eine Frage ob, sondern wann und wie der Digitalfunk eingeführt werde, bemerkte Bernd Lütjen.
Derzeit werde in Niedersachsen nach geeigneten Standorten für die Basisstationen gesucht, informierte Behnke: "In ganz Niedersachsen benötigen wir zwischen 400 und 420 Basisstationen." Im Herbst werde in der Samtgemeinde geschaut. Die Zahl der Sendestationen werde sich nicht vervielfachen. Vielmehr werde die Menge an Basisstationen reduziert. Derzeit habe jede Behörde, jede Organisation mit Sicherheitsaufgaben ihre eigene Basisstation, gab Behnke zu bedenken. Im digitalen System würden sich die BOS die gesamten Anlagen teilen. Sendeanlagen würden entfallen.
Für Wilfried Wrede, Kreisfunkbeauftragter im Landkreis Cuxhaven, liegt ein weiterer Vorteil des neuen Systems in der Reichweite. Bereits innerhalb des Cuxhavener Landkreises nehme die Empfangsqualität ab. Werde die Feuerwehr gar zu Katastrophen-Einsätzen wie die Flut an der Elbe gerufen, müsse sie ständig die Frequenzen wechseln und sich neue Leitstellen suchen. Den Kontakt zur eigenen Leitstelle hätten sie an der Kreisgrenze verloren. Ein Problem, das es beim Digitalfunk nicht mehr gebe, so Wrede. Die drei Redner wiesen aber auf ein Problem hin: Das Digitalfunksystem ist nicht für Pager geeignet. Feuerwehrleute können über dieses Datennetz nicht wie zurzeit üblich per Piepser alarmiert werden. An einer Lösung werde gearbeitet. Die werde weiteres Geld kosten.
Peter Mehring von der Initiative "Elektrosmog Osterholz" fragte nach den Gefahren der neuen Technik. Eine ausführliche Antwort konnten die drei Gastredner ihm nicht geben. Axel Behnke bot aber an, mit Experten vom Umweltministerium wiederzukommen und sämtliche Gesundheitsfragen zu beantworten. Bernd Lütjen griff den Vorschlag auf. Eine weitere Informationsveranstaltung soll nun geplant werden.

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