Osterholzer-Kreisblatt vom 21.06.2008

Neue These: Handys schaden den Bäumen
Physiker referiert über Phänomene / Veranstaltung der Bürgerinitiative Elektrosmog Osterholz

Von unserem Redakteur
Horst Frey

OSTERHOLZ-SCHARMBECK. Sind die elektromagnetischen Strahlungen von Handys und Funkmasten gesundheitsschädlich? Eine klare Antwort darauf gibt es nicht. Dass die gepulste Strahlung nun aber auch Bäume beschädigt - davon ist Peter Mehring von der Bürgerinitiative Elektrosmog Osterholz überzeugt. Er hat einen Physiker aus Bietigheim eingeladen, der am Dienstag, 1. Juli, darüber referieren wird.

"Wo Bäume in direkter Bestrahlung stehen, gibt es Veränderungen, auch in Osterholz-Scharmbeck", ist Mehring überzeugt. Brigitte Becker von der Bürgerinitiative ist im September vorigen Jahres losgezogen und hat in der Kreisstadt Bäume fotografiert, beispielsweise am Finanzamt, am Bahnhof und am Parkplatz Pumpelberg. Wer suchet, der findet: Die Fotos zeigen kränkelnde Baumkronen, meist von oben schon entlaubt. Manche sind auf einer Seite geschädigt, und es ist, seltsamerweise, genau in der Richtung, in der ein Sendemast steht. Becker hat festgestellt, dass die Blätter von außen gelb werden. Sie hat auch Nadelbäume aufgenommen, deren Spitzen schief gewachsen sind. "Sie versuchen, der Strahlung auszuweichen", ist sie überzeugt. Auch sogenannte "Stresstriebe" hat sie entdeckt und fotografiert. Und sie hat Bäume gefunden, die an den Stämmen austreiben, wohingegen ihre Kronen gelichtet sind. Becker: "Da kann man nur noch weinen."

Der Physiker Dr. Volker Schorpp aus Bietigheim wird genau diese Phänomene in seinem Vortrag am Dienstag, 1. Juli, um 19.30 Uhr auf Gut Sandbeck vorstellen. Darüber hinaus hat Schorpp auch noch festgestellt, dass Bäume besonders geschädigt werden, wenn sich die Wellen verschiedener Strahlungen überlagern. Glück haben Bäume, wenn sie im "Schatten" von Gebäuden stehen, die die Strahlung abschirmen. Andererseits können sie aber auch besonders geschädigt werden, falls die Strahlung reflektiert wird oder - an Gebäudeecken - durch Beugung Interferenzen auftreten.

Peter Mehring zitierte gestern unter anderem Dr. Wolfgang Volkrodt, einen Ex-Siemens-Manager, der erklärt habe, Blätter und Nadeln seien ideale Mikrowellenantennen. Es gibt aber auch andere Stimmen - etwa Professor Alexander Lerchl von der Jacobs Universität Bremen, der in einer Veranstaltung Ende April im Rathaus von Osterholz-Scharmbeck erklärte, dass die Wissenschaftler niemals die Nichtexistenz eines Effektes beweisen können. Prinzipiell könne Schädlichkeit bewiesen werden, Unschädlichkeit aber nicht. Es gebe Menschen, die unter Elektrosmog leiden. Die Wissenschaftler hätten aber keinen Unterschied zwischen realer und scheinbarer Bestrahlung gefunden. Wer Angst vor Elektrosmog habe, werde auch krank, wenn überhaupt keine Strahlung erfolgt. Es gebe keinerlei Hinweise, dass elektromagnetische Strahlung auf Sinnesorgane einwirkt.

Kommentar

Humbug
Horst Frey

Umweltminister Siegmar Gabriel hat gerade erklärt, dass Handys ungefährlich sind, lediglich Kleinkinder sollten die Finger davon lassen. Da kommt die Bürgerinitiative Elektrosmog Osterholz mit einer Tatarenmeldung: Bäume werden durch pulsende Strahlung geschädigt. Ein Physiker aus dem Schwabenland wurde eingeladen, der das den Leuten hier glauben machen soll. Hat er das durch wissenschaftliche Laborversuche herausgefunden? Alles andere wäre Humbug. Es ist keineswegs wissenschaftlich, gewisse Schädigungen an Bäumen so zu deuten, als wären die Strahlungen der Sendemasten die Ursache. Denn es gilt bekanntlich: Wer suchet, der findet.
Da halte ich es doch lieber mit Professor Alexander Lerchl von der Jacobs University Bremen: Der hat keinen Unterschied zwischen realer und scheinbarer Bestrahlung gefunden. Sein Fazit: Wer Angst vor Elektrosmog hat, kann auch ohne Strahlung krank werden. Das macht die Problematik aus. Subjektive Ängste sollten aber keine Richtschnur des Handelns sein. Wissenschaftler können niemals die Nichtexistenz eines Effektes beweisen. Prinzipiell kann Unschädlichkeit nicht bewiesen werden.

Anmerkung der Red.:

Der Redakteur, Herr Horst Frey, irrt. Der Umweltminister hat nicht die Ungefährlichkeit der Handys proklamiert. Das was er vorgestellt hat, ist nichts anderes als ein Zwischenergebnis und bezog sich ausschließlich auf mögliche krebsverursachende Wirkungen. Gleichwohl wurde auch hier betont, dass Landzeitfolgen noch nicht abschließend bewertet werden können. Wirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden wurden bei der Vorstellung überhaupt nicht berücksichtigt.

Andreas Meyer
Puls217