Osterholzer Kreisblatt 21.06.2007

Laptops ja, aber bitte mit Kabel
Kreiselternrat spricht sich gegen WLAN in Schulklassen aus

Von unserer Mitarbeiterin
Christa Neckermann

OSTERHOLZ-SCHARMBECK. "Was gibt es wichtigeres als die Gesundheit unserer Kinder?" Brigitte Behrens schaute sich auffordernd in der Runde des Kreiselternrates um, viele nickten zustimmend. Es geht um Notebook-Klassen im Landkreis, etliche Schulen planen bereits die Einführung solcher Klassen. Jedoch: "Über die gesundheitlichen Folgen hat sich niemand Gedanken gemacht", monierte Behrens.

"In England, wo 50 Prozent der Grundschulen und 80 Prozent der weiterführenden Schulen mit WLAN ausgerüstet sind, wurde in einer Kampagne eines Lehrerverbands das Ministerium aufgefordert, den Schulen abzuraten, WLAN zu installieren, weil die Lehrer überall in den Schulen chronische Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und Verhaltensstörungen bei ihren Schülern beobachten", berichtete Behrens.

Nicht die Einführung der Notebook-Klassen ist dabei strittig, sondern die Aussage der Sozialdezernentin Schumacher auf der jüngsten Elternratssitzung der IGS, dass der Landkreis Osterholz für die Einführung der Notebook-Klassen nur den Internet-Zugang über das kabellose (und damit technisch preiswertere) WLAN finanzieren würde. Dabei sind die Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf den menschlichen Körper enorm: Es kann zu Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Kopfschmerzen, Seh- und Hörstörungen, Müdigkeit, innerer Unruhe, und Lern- und Verhaltensstörungen kommen. Und der kindliche Körper nimmt dabei etwa 60 Prozent mehr energetische Strahlung auf als ein Erwachsener.

Professor Dr. Rainer Frentzel-Beyme, Umweltmediziner und industrieunabhängiger Experte für Mobilfunkstrahlung, konnte den Ausführungen von Brigitte Behrens nur beistimmen. Er nahm als sachverständiger Gast an der Kreiselternratssitzung teil und konnte nur empfehlen, ebenso wie in Bayern, nur einen verkabelten Internetzugang zuzulassen. "Wo bleibt hier die im niedersächsischen Landesrecht niedergelegte Forderung, wonach die Landkreise und kreisfreien Städte die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen besonders schätzen und fördern?", fragte sich Behrens. Jetzt soll ein Brief an den Landkreis die politisch Verantwortlichen noch einmal an ihre Fürsorgepflicht erinnern.

Meike Greiner informierte ihre Elternratskolleginnen und Kollegen über die neu zu wählenden Schulvorstände der Eigenverantwortlichen Schule. "Wir müssen an unseren Schulen dafür sorgen, dass sich viel mehr Eltern und Schüler für die Arbeit in diesem Gremium interessieren, noch immer wissen zu wenige über die Eigenverantwortliche Schule, die zum August 2007 überall eingeführt sein soll, Bescheid", mahnte Greiner. "Die Wahlen zum Schulvorstand können zwar erst ab August 2007 stattfinden, aber vorbereitende Arbeiten dafür können und sollten bereits jetzt in Angriff genommen werden", mahne Greiner an.

Informationen zum Schulvorstand finden sich auf der Homepage des Niedersächsischen Kultusministeriums und der Seite des Kreiselternrates www.ker-ohz.de

Kommentar des Redakteurs des Osterholzer Kreisblattes dazu

Schüler fit für die Zukunft machen
Von Harry Laube

Wir sind hinterher. Hoffnungslos hinterher, wenn es um die technische Ausstattung unserer Schulen geht. Wir reden über die Einführung von Notebook-Klassen, wenn in anderen Ländern Notebook-Schulen Absolventen an die europäischen Universitäten und in die Wirtschaft schicken, denen unsere Kinder nur schwer das Wasser reichen können.

Wir wollen es besser machen und sind deshalb langsamer. Auf großen Bahnhöfen, Flughäfen, in den Ballungszentren und selbstverständlich auf dem Campus aller führenden Universitäten sind kabellose LAN-Verbindungen längst internationaler Standard - und ungefährlich im Vergleich zu unseren Röhrenfernsehern und den kabellosen Telefonen, die wir zu Hause zuhauf nutzen. Und dann erst die Handys.

Wenn denn die Argumentation der WLAN-Kritiker richtig wäre, vorausgesetzt ihre Studien wären übertragbar, würden viele große Wirtschaftsunternehmen von der Technologie sofort Abstand nehmen - ihre Produktivität würde ja unter den chronisch müden Angestellten leiden. (anm. d. Red.: richtig; siehe BMW in München)

Richtig ist: Mit der richtigen, hochwertigen technischen Ausstattung lässt sich auch die Belastung verringern - eine Laptop-Klasse, deren Schüler meterlange Kabel hinter sich herziehen, ist dagegen so anachronistisch wie drahtgelenkter Weltraumflug.

Die Sorge um die Gesundheit unserer Kinder - auch im Kreiselternrat - ist aber grundsätzlich richtig. Solange falsche Ernährung und fehlender sportlicher Ausgleich derzeit anerkanntermaßen die größte gesundheitliche Bedrohung für die heranwachsende Generation sind, sollten wir hier massiv tätig werden. WLAN ist Stand der Zeit, ob wir es wollen oder nicht. Wenn wir unsere Schüler fit für ihre Zukunft machen wollen, dann haben wir keine Wahl. Wir sind heute schon hinterher.