Osterholzer Kreisblatt vom 21.11.2007

Großes Interesse an Vortrag über Mobilfunk
Neugegründete Anti-Elektrosmog-Initiative "Beo" lud zum Informationsabend / Referent zweifelt an Pro-Studien

Von unserem Mitarbeiter
Christian Valek

OSTERHOLZ-SCHARMBECK. In Osterholz-Scharmbeck organisiert sich Widerstand gegen Mobilfunk. Die neugegründete "Bürgerinitiative Elektrosmog Osterholz" (BEO) versammelte rund 120 Bürger unter dem Titel "Wie viel Mobilfunk verträgt der Mensch?" zu einer Informationsveranstaltung. Zum Ende des Vortrags waren nicht alle Zuhörer mit dem Referenten auf einer "Welle".
Rund 120 Interessierte, unter ihnen Bürgermeister Martin Wagener, ließen unter dem Dach von Stagges Hotel den Geist der Anti-Atomkraft-Bewegung der 80er-Jahre aufleben. Der Referent des Abends, Siegfried Zwerenz, setzte im Anzug einen Gegenpol zu selbstgestrickem Wollpullover und roter Treckingjacke. Doch das Thema Mobilfunk einte die Zuhörer - rund zwei Stunden. In anschließender Diskussion platzte einem Teilnehmer aber der Kragen.
Der Mathe- und Physiklehrer Heinz Köhler von der Schwaneweder Waldschule wehrte sich gegen das "Vorführen" von Forschungsergebnissen und Aussagen des renommierten Biologieprofessors Dr. Alexander Lerchl von der Jacobs-University in Bremen-Grohn. Nur wenige teilten die nüchterne Meinung des Schwaneweder Lehrers. Buh-Rufe und "sie sollten sich schämen" ging an die Adresse des Physiklehrers.
Der Oberpfälzer Heilpraktiker und Vorsitzende der Anti-Strahlungsinitiative "Bürgerwelle" Zwerenz hatte kurz zuvor einen Amateur-Filmausschnitt Lerchls aus dem Jahr 2004 gezeigt. "Das von Lerchl Propagierte ist für mich nicht nachvollziehbar und unverantwortlich in Bezug auf die Gesundheit. Seine Entwicklung ist haarsträubend", kommentierte Zwerenz die Kernaussagen Lerchls, der sich selbst als "Nicht-Gegner" der Mobilfunktechnologie bezeichnet.
"Meine Meinung ziehe ich aus wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zwerenz hat keine wissenschaftliche Ausbildung", kommentierte Lerchel seinen Standpunkt auf Nachfrage des OSTERHOLZER-KREISBLATT.
Mehr als zwei Stunden präsentierte Siegfried Zwerenz Studien zur Strahlenforschung. Er referierte über die biologischen Auswirkungen digitaler Impulsstrahlung von Mobilfunk, schnurlosen Telefonen und Funkverbindungen zum Computer. Sachlich widerlegte er Argumente einer gefahrlosen Nutzung elektomagnetischer Strahlung. Zwerenz monierte, dass nicht alle Auswirkungen auf den Menschen zur Grenzwertermittlung erfasst wurden. "Nur eine thermische Wirkung, wie die Erwärmung des Körpergewebes, ist berücksichtigt worden", bemängelte der Oberpfälzer.
Nach Zwerenz wird auch die Wirkung athermischer und langfristiger Effekte auf den Menschen durch Studien belegt. "Die Strahlung beeinflusst den Schlaf-Wach-Rythmus, schädigt das Nervensystem, vermindert die Zellkommunikation", sagt der Vereinsvorsitzende von "Bürgerwelle".
Peter Mehring, Gründungsmitglied von "Beo", war vom Andrang überwältigt. "Wir haben mit viel weniger Interesse gerechnet", gestand der Baubiologe. Enttäuscht war Mehring von der Resonanz der Politik. "Wir haben die Vertreter aller Parteien zu diesem Informationsabend eingeladen, aber nur der Bürgermeister ist erschienen."