Osterholzer Anzeiger vom 26.12.2007

Bringt Eis den Turm zu Fall?
Teilerfolg für Funkmastgegner in Ritterhude

Ritterhude (ros). Kurt Kiwatrowski aus Ritterhude hat zwar vor Gericht weitgehend eine Niederlage erlitten, aber zum Teil eben auch Recht bekommen. Und dieser Teil, der macht ihn für die anstehende Hauptverhandlung sehr optimistisch. Für Kiwatrowski steht fest: „Der Turm muss weg!"
Der ehemalige Bauunternehmer wohnt in der Rohwedderstraße, mitten im Gewerbegebiet. Hier lebte er in guter Nachbarschaft mit einem Bäckereibetrieb. Doch damit ist es vorbei, seitdem die ein Teil ihres Grundstücks verpachtet hat. Darauf wurde im Mai ein Mobilfunkmast von insgesamt 46 Metern Höhe errichtet, gerade einmal dreieinhalb Meter von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt (Der ANZEIGER berichtete in seiner Ausgabe vom 6. Juni). Kiwatrowski spricht noch heute von einer „Nacht- und Nebelaktion", da weder Bauschilder aufgestellt, noch die Nachbarn informiert worden seien. Auch sei in großem Rahmen das Grundwasser abgesenkt worden, weshalb Kiwatrowskis Haus inzwischen mehrere Risse aufweist.
Turm RitterhudeDas Verwaltungsgericht Stade wies die Beschwerde Kiwatrowskis in seinem Urteil vom 19. Juli 2007 zwar weitgehend zurück, stellte aber auch fest, dass der Landkreis Maßnahmen zur Sicherung vor Eisschlag durchzuführen habe. Dies bestätigte auch das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg in seinem Beschluss vom Oktober.

Im Winter kann sich am Mast und an den Antennenplattformen Eis ansetzen, das dann herabfällt. Zwar argumentierte der Landkreis, Eisbrocken würden „lotgerecht", also genau senkrecht herabfallen. und das nachbarliche Grundstück nicht treffen. Dieser schon dem gesunden Menschenverstand widersprechenden Auffassung folgten die Richter allerdings nicht und verdonnerten den Landkreis, Schutzmaßnahmen zu installieren. Ferner stellten die Richter fest, dass es in einer folgenden Hauptverhandlung noch erheblichen Klärungsbedarf bezüglich der unmittelbaren Nähe zum Nachbargrundstück gäbe. Zwar gibt es Ausnahmen, doch für gewöhnlich gelte die halbe Turmhöhe allgemein als Mindestabstand.
„Das wird ein heißer Tanz", freut sich Kiwatrowski schon auf die Verhandlung, für die bisher allerdings noch kein Termin veranschlagt wurde. Bislang nämlich, so der Kläger, seien trotz vielfacher Ortstermine keinerlei Schutzmaßnahmen verwirklicht worden. Und die sind, so sieht es Kiwatrowski bei der Bauart des Mastes auch nicht nötig. So sei über einen Abfluss von Schmelzwasser im Inneren des Mastes nachgedacht worden. Das aber würde die Statik des Mastes gefährden, ist sich der Bauunternehmer im Ruhestand sicher. Daher gebe es für ihn nur eine Lösung: Der Turm muss wieder entfernt werden.
Zur Hauptverhandlung können dann auch alle Begebenheiten rund um den Bau erörtert werden. So habe das Oberverwaltungsgericht untersagt, den Mast bis zur Klärung der Fragen in Betrieb zu nehmen. Kiwatrowski aber hat Hinweise darauf, dass das bereits geschehen ist. So waren nach Aussage Kiwatrowskis am 5. Dezember zwei Arbeiter morgens um 5.30 Uhr damit beschäftigt, Antennen anzubringen. Einen Tag später war in der Rohwedder Straße Jahresstromablesung. Kiwatrowski bekam zufällig Einblick und stellte fest, dass der Turm eindeutig in Betrieb sei und dafür bereits 3000 Kilowattstunden abgelesen wurden.
In einem weiteren Fall gab es für Kiwatrowski und alle anderen Anwohner einen glatten Sieg: Ein nahe gelegener fleischverarbeitender Betrieb stank im wahrsten Sinne des Wortes dermaßen zum Himmel, dass hier der Landkreis tätig wurde. Die Fresh Food Line GmbH & Co. KG hat die Produktion zwischenzeitlich eingestellt.